Fragen ans Studierendenwerk
Die wohl relevanteste Organisation rund ums Studierendenleben ist das Studierendenwerk. Seine Mitarbeitenden übernehmen Verantwortung für Studierende in Sachen Wohnen, Essen, psychologischer Betreuung und vielem Mehr. Um auf den aktuellen Stand der Dinge zu kommen, haben Mitglieder wir die Geschäftsführerin Claudia Meijering gemeinsam mit Max Nussbaumer vom Impulsiv-Magazin (FSMPIC) interviewt.
Anmerkung der Redaktion: Das Interview wurde vor der Umbenennung der Studentenwerks in „Studierendenwerk“ durchgeführt.
REISSWOLF: Sie waren vor Ihrer Position beim Studentenwerk die Leiterin des Center for Study and Teaching an der TU München. Welche Erfahrungen bringen Sie davon mit und wie unterstützen sie diese bei Ihrer neuen Tätigkeit?
CLAUDIA MEIJERING: Ein Vorteil ist, dass ich durch meine Tätigkeit bei der TU München Verwaltungsabläufe, die rund 50.000 Studierende betreffen, kenne und weiß, wie solche Massenprozesse ablaufen. Außerdem durfte ich viele Erfahrungen mit einer zunehmend diversen Studierendenschaft machen und kenne daher die unterschiedlichen Bedürfnisse der Studierenden sehr gut. Beides ist ebenfalls für die Arbeit des Studierendenwerks entscheidend. In den wenigen Wochen meiner bisherigen Tätigkeit beim Studierendenwerk zeigt sich mir, wie wertvoll meine bei der TU München gewonnenen Kenntnisse und Erfahrungen sind. Exemplarisch möchte ich das Wissen um die Gremien und Zuständigkeiten in einer Hochschule nennen. Und für beide Institutionen (Hochschule und Studierendenwerk) gilt, dass es sich immer lohnt, wenn man miteinander ins Gespräch kommt.
Viele Studentenwerke heißen inzwischen Studierendenwerk. Haben Sie vor, auch das Studentenwerk München in Studierendenwerk München umzubenennen?
Das neue Bayerische Hochschulinnovationsgesetz sieht die Umbenennung der Studentenwerke in Studierendenwerke vor, wobei die Umbenennung innerhalb von drei Jahren nach dem 01.01.2023 vollzogen werden soll. Wir möchten noch einen Schritt weiter gehen und durch die Umbenennung in „Studierendenwerk München Oberbayern“ neben der Stadt und dem Landkreis München auch unsere Standorte Freising/Weihenstephan, Rosenheim und Benedikbeuern sichtbarer machen. Die notwendigen Anpassungen sind sehr umfangreich. Dazu zähltbeispielsweise die Änderung des Namens bei Verträgen oder die Adaption des Logos, das etwa auf unserem Mensa-Geschirr und an vielen weiteren Stellen verwendet wird. Die Änderungen werden sukzessive umgesetzt. Dies auch, um unnötige Kosten zu sparen.
In Bayern gibt es seit den 1970ern keine verfasste Studierendenschaft. Das macht die studentische Mitbestimmung in der Politik oft schwer. Sehen Sie einen Bedarf für mehr studentische Mitbestimmung bei Entscheidungen von Politik und Studentenwerk?
Aus meiner Tätigkeit an der TU München weiß ich um die vielfältigen Möglichkeiten der Mitbestimmung bzw. die Möglichkeit, sich als Studierende Gehör zu verschaffen. Diese Möglichkeiten bestehen sowohl innerhalb einer Hochschule als auch in der Politik. Insofern ist es nicht allein eine Frage der Möglichkeiten. Ich bin immer wieder verwundert, wie wenige Studierende sich an der Wahl der Studierendenvertretung beteiligen. Umso großartiger der Einsatz der Engagierten! An der TU München waren mir die Fachschaften und der Fachschaftenrat zentrale Teile des Qualitätsmanagements und wichtige Impulsgeber.
In unseren eigenen Kontrollgremien im Studierendenwerk können Studierende seit jeher über die Belange des Studierendenwerks mit entscheiden. Die Einflussmöglichkeit studentischer Vertreterinnen und Vertreter wird dieses Jahr sogar noch gestärkt, denn in unserem Verwaltungsrat erhöht sich die Anzahl studentischer Mitglieder von zwei auf drei Personen. In unserer Vertreterversammlung sind die Studierendenvertretungen aller von uns betreuten Hochschulen vertreten. Leider sind nicht immer alle studentischen Mitglieder im Verwaltungsrat oder in der Vertreterversammlung anwesend. Ich weiß um die begrenzte Zeit der Studierenden. Dennoch würde ich mir wünschen, dass die gewählten studentischen Mitglieder ihr Stimmrecht auch ausüben. Darüber hinaus versuchen wir, die Studierenden auch auf politischer Ebene in ihren Anliegen bestmöglich zu unterstützen, wie beispielsweise beim Semesterticket.
Die Mensa-Umfrage „Grüne Mensa“ des Umweltreferats der Studentischen Vertretung hat unter anderem einen Wunsch nach weniger Fleisch- und mehr regionalen und saisonalen Gerichten ergeben. Wie setzen die Mensen solche und andere Wünsche aus der Studierendenschaft um?
Nachhaltigkeit ist für unsere Hochschulgastronomie schon lange ein wichtiges Thema, das wir in den vergangenen Jahren noch einmal besonders in den Blick genommen haben. Die Wünsche der Studierenden nach einer nachhaltigen Ernährung nehmen wir dabei sehr ernst. Im Jahr 2021 haben wir beispielsweise den Anteil der veganen und vegetarischen Gerichte in allen Mensen und vielen StuBistros auf zwei Drittel des täglichen Speiseangebots erhöht. Zusätzlich nehmen wir gemeinsam mit anderen Studierendenwerken an einem Programm zur Einführung eines CO2-Labels teil, verwenden Bio-Eier, Bio-Teigwaren sowie Fisch aus nachhaltiger Fischerei und beziehen den Großteil unserer Produkte aus der regionalen Landwirtschaft und Produktion. Kleiner Fun-Fact: An den TUM-Standorten wird im Durchschnitt mehr Fleisch konsumiert.
Wo sehen Sie noch Handlungsbedarf bei der Nachhaltigkeit der Mensen und StuCafés des Studentenwerk Münchens?
Insgesamt sind wir gut aufgestellt. Planungen zu künftigen Projekten in der Hochschulgastronomie sind immer auch an Nachhaltigkeit ausgerichtet. Beispielsweise sind wir seit kurzem auf der App zur Lebensmittelrettung, „To Good To Go“, vertreten. Wir würden gerne noch mehr regionale Lebensmittel anbieten, jedoch begrenzen uns derzeit vor allem die Ausschreibungsmodalitäten. Und wir müssen immer die Preise in den Mensen und StuCafes im Blick behalten. Die Herausforderung ist ein breites Angebot an Bio-Produkten bei weiterhin moderaten Preisen.
Das Studentenwerk München erwirtschaftete in den letzten zehn Jahren hohe Jahresüberschüsse und vermehrte sein Anlagevermögen um rund ein Drittel. Welche wirtschaftlichen Ziele setzt sich das Studentenwerk München für die kommenden Geschäftsjahre?
Auch wenn es Ihre Frage nicht vermuten lässt, so sehe ich eine Phase der Konsolidierung. Auch das Studierendenwerk sieht sich mit wirtschaftlichen Risiken und finanziellen Belastungen konfrontiert. Neben der allgemeinen Inflation und den gestiegenen Energiekosten schlagen bei uns die stark gestiegenen Kosten für Bau und Sanierung zu Buche. Überschüsse sind Voraussetzung für den Wohnheimbau und der Großteil der gebildeten Rücklagen wurde im Sanierungsprojekt Olympisches Dorf verbaut, in das alleine in den letzten 15 Jahren 150 Millionen Euro geflossen sind.
In der Studentenstadt fehlen derzeit knapp 1500 Wohnplätze wegen Sanierungsmaßnahmen. Welche Auswirkungen hat das auf den Münchner Wohnungsmarkt?
Durch den Leerstand ist die Situation auf dem Wohnungsmarkt für Studierende noch angespannter. Umso wichtiger ist es jetzt, dass dem zügig entgegengewirkt wird, sei es mit der Sanierung der Häuser 9 und 12 durch die BayernHeim oder mit weiteren Bau- und Sanierungsmaßnahmen unsererseits, sofern wir die hierfür erforderlichen Eigenmittel aufbringen können. Das von uns derzeit sanierte Haus 11 mit 250 Wohnplätzen kann voraussichtlich im April 2023 wieder bezogen werden. Ich möchte aber auch zum Ausdruck bringen, dass das Studierendenwerk nicht allein die Probleme des Münchner Wohnungsmarktes lösen kann; wir sind immer nur Teil der Lösung.
Seit 31.12.21 stehen erstmals mehr als 13.000 Studierende auf der Warteliste für einen Wohnplatz beim Studentenwerk München. Wie wollen Sie sich dafür einsetzen, die Wohnsituation für Studierende zu verbessern?
Unser Fokus liegt auf der Sanierung unserer bestehenden Wohnanlagen. Wir führen derzeit viele Sanierungsmaßnahmen parallel durch und erhalten so bezahlbaren Wohnraum für Studierende. Wo es möglich ist, verdichten wir nach und schaffen auf diese Weise auch neue Wohnplätze, sei es durch die Optimierung der Raumaufteilung innerhalb eines Gebäudes oder durch Neubau. Ein Beispiel dafür ist die Schwere-Reiter-Straße, wo wir die bisher vorhandenen Wohnplätze auf 480 Plätze verdoppeln.
Anmerkung der Redaktion: Mehr Infos zu studentischem Wohnraum und den nötigen Maßnahmen in und um München findet ihr in den Hopo-News im Beitrag des AK Wohnen.
Das Studentenwerk München bietet kostenlose psychologische Betreuung für Studierende an, aber nur bis zu drei Einheiten. Ist das Ihrer Meinung nach genug?
Unsere psychotherapeutische und psychosoziale Beratung ist für Studierende häufig die erste Anlaufstelle, um mit medizinischen Fachkräften über Probleme zu sprechen. In der Beratung arbeiten klinische Psychologen/-innen, von denen die Studierenden fachkundige Hilfe und eine fundierte Einschätzung ihrer Situation erhalten. Trotzdem muss keine Krankenkassenkarte eingelesen werden und die Beratung bleibt auf Wunsch anonym. In den 50-minütigen Sitzungen entlasten die Berater/-innen durch Zuhören, vermitteln Hoffnung, zeigen Lösungen auf und erläutern Selbsthilfestrategien. So können wir vielen Studierenden wirkungsvoll helfen. Wenn eine Weiterbehandlung notwendig ist, kann das in dem Rahmen und mit unseren Möglichkeiten nicht erfolgen. Die betroffenen Studierenden erhalten dann von uns alle nötigen Informationen zu möglichen Therapien und Anlaufstellen. Wir versuchen mit der Begrenzung auf drei Einheiten auch möglichst vielen den Zugang zu unserer psychotherapeutische und psychosoziale Beratung zu ermöglichen.
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