Dies ist der dritte Teil einer Serie. Der erste Artikel von “München macht mobil” ist hier und der zweite Artikel hier zu finden.
Von der Theorie zur Praxis ist es oft ein weiter, steiniger Weg. Was auf dem Papier gut klingt, erweist sich in der Praxis nicht selten als totaler Fehlgriff. Was in der Planung einfach scheint, entpuppt sich in der Umsetzung oft als weitaus komplizierter. Das gilt auch für den Wandel der Mobilität. Der Mobilitätsplan München steckt zwar voller vielversprechender Ideen und innovativer Konzepte, aber wie diese sich in der Bewährungsprobe „Praxis“ schlagen, wird sich zeigen.
Der Erfolg der Maßnahmen hängt nicht zuletzt vor allem davon ab, ob neue Angebote von der Bevölkerung angenommen und genutzt werden. Nur so können sie ihre Wirksamkeit entfalten und ihren Sinn und Zweck erfüllen. Dafür müssen alte Gewohnheiten durchbrochen und neue Verhaltensweisen etabliert werden. Das erfordert Offenheit, Mut, Geduld, Ausdauer und etwas Probierfreudigkeit – und zwar auf allen Seiten.
Die Verkehrswende ist kein einzelnes Projekt, sondern ein andauernder Prozess. Und wie jeder Prozess besteht auch die Verkehrswende aus vielen kleinen Schritten. Einige neue Angebote wie Car-Sharing (z.B. DriveNow), Mietradsysteme (z.B. MVG Rad) und E-Tankstellen sind in München bereits heute Teil des Stadtbilds. Andere werden derzeit in unterschiedlichen Pilotprojekten getestet und angepasst, bevor sie, je nach Erfolg, in der ganzen Stadt angeboten werden.
Auffällig ist, dass bei den Projekten nie die Mobilität allein im Fokus steht. Digitalisierung, Vernetzung, Energie, Umweltschutz … alle großen „Jahrhundert-Themen“ spielen eine Rolle. Die Zukunft der Mobilität ist somit stets im Kontext einer größeren Entwicklung zu sehen: dem Wandel hin zur intelligenten Stadt der Zukunft, der sogenannten „Smart City“. So komplex die Fragen hierzu sein mögen, so einfach ist das Ziel: mit neuen Technologien und innovativen Lösungen die Energieeffizienz steigern und die Lebensqualität erhöhen.
In einer sogenannten Smart City, einer “intelligenten Stadt”, werden digitale Technologien eingesetzt, um die Lebensqualität zu steigern. Wichtig dabei: Sie sollen nachhaltig den Verbrauch von Ressourcen verringern. Das betrifft generell die Infrastruktur einer Stadt, die Mobilität, den Bau und die Ausstattung von Gebäuden, die Sicherheit sowie den Dienstleistungssektor.
Süddeutsche Zeitung1
Im Folgenden werden zwei Projekte vorgestellt, die neue, smarte Technologien und Konzepte in München testen.
Smarter Together
Gemeinsam schlauer als alleine – das ist die Idee hinter Smarter Together, einem EU-Projekt zur Erprobung von Smart City Lösungen. München ist eine der Leuchtturmstädte des Projekts2. Im Projektgebiet Neuaubingen-Westkreuz/Freiham werden neue Technologien und Konzepte (z.B. eine SmartCity App) getestet. Besonders viel Wert wird dabei auf die aktive Beteiligung der Bürger und Bürgerinnen gelegt. Gemeinsam soll „die richtige Balance zwischen smarten Technologien und praktikablen Lösungen für den Alltag der Menschen“3 gefunden werden.
Das Ziel [von Smarter Together] ist, mit Hilfe neuester Technologie und intelligent genutzter Daten Antworten auf die Zukunftsfragen der Stadtentwicklung zu finden. Dabei sollen die Lebensqualität der Bewohner verbessert, die Energieeffizienz von Wohnraum gesteigert und vernetzte Mobilitätsangebote geschaffen werden.3
Das Projekt umfasst drei Handlungsfelder: Energie, Mobilität und Technologie. Im Bereich Mobilität arbeitet Smarter Together eng mit den Stadtwerken München (SWM) und der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) zusammen.
Die vielleicht Wichtigste der „Mobilitätslösungen im Test“ sind die sogenannte Mobilitätsstationen. Sie bilden Knotenpunkte zwischen alle erdenklichen Mobilitätsangebote:
- öffentliche Verkehrsmittel (U-Bahn, Bus und Tram)
- Mieträder (MVG Rad)
- NEU: Elektroräder (MVG eRad)
- NEU: lastenfähige E-Dreiräder (MVG eTrike)
- E-Car-Sharing-Fahrzeuge (von STATTAUTO)
- Ladestation für E-Fahrzeuge
- P+R-Parkplätze (Park + Ride)
- B+R-Stellplätze (Bike + Ride)
- Taxistand
Durch die Verknüpfung der unterschiedlichen Angebote an einem Ort (z.B. an der Münchner Freiheit) ermöglichen die Mobilitätsstationen einen unkomplizierten Umstieg zwischen Verkehrsmitteln – Multimodalität „at it’s best“ also!
Nicht nur Smarter Together erprobt Mobilitätsstationen in München, auch das Projekt City2Share betreibt einige Stationen südwestlich des Stadtzentrums. Insgesamt gibt es im Stadtgebiet München zwölf Mobilitätsstationen: acht in Neuaubing-Westkreuz (Smarter Together) und vier in der Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt (City2Share).
City2Share
City2Share ist ein Projekt der Inzell-Initiative5 und Teil des Förderprogramms „Erneuerbar Mobil“ des Bundeministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). Unter dem Motto „sozial. urban. mobil“ erprobt City2Share in den Modellquartieren Untersendlingen und Isarvorstadt neue Mobilitätskonzepte. Das übergeordnete Ziel der Konzepte: “Weniger Verkehr mit weniger Emissionen für mehr Lebensqualität mit besserer Mobilität”6.
Die Arbeit von City2Share konzentriert sich vor allem auf Forschung zu Elektromobilität in Ballungsräumen („urbane Elektromobilität“) und die Erprobung autonomer Fahrzeuge im E-Car-Sharing. Darüber hinaus sind die wissenschaftliche Begleitforschung, d.h. Analysen zur Wirksamkeit der Maßnahmen, die Evaluation der Umsetzungsprozesse und der Wissensaustausch sowie die Zusammenarbeit mit den Bewohnern im Testgebiet (Bürgerpartizipation) zentrale Bestandteile des Projekts.
In einem völlig neuen Ansatz sollen [beim Projekt City2Share] Multimodalität, urbane Elektromobilität, autonomes Fahren sowie e-Car- und Bikesharing und die Verbesserung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum verbunden werden, um den Umstieg auf eine stadtverträgliche und umweltfreundliche Mobilität zu fördern.5
Eine Besonderheit von City2Share ist, dass neben Angeboten für den individuellen Verkehr, auch neue Konzepte für den Lieferverkehr untersucht werden. Im Rahmen des Arbeitsschwerpunktes „e-Logistik“ wurde beispielsweise in Zusammenarbeit mit UPS ein neues, nachhaltiges Lieferkonzept getestet. Das funktioniert wie folgt. Morgens werden Verteilstationen, die sogenannte Micro-Depots, an bestimmten Standorten7 im Testgebiet aufgestellt. Von dort aus erfolgt im Verlauf des Tages die Zustellung der Pakete mithilfe elektrischer Lastenrädern. Abends werden die Micro-Depot-Container zurück in das nahegelegene UPS Center gebracht und für den nächsten Tag bestückt.
Mit diesem neuen Lieferkonzept soll der zunehmenden Verkehrsbelastung in der Innenstadt, nicht zuletzt durch den zunehmenden Lieferverkehr infolge des stetig wachsenden Online-Handels, entgegengewirkt und der durch den Lieferverkehr verursachte Schadstoffausstoß reduziert werden.
Smarter Together und City2Share sind nur zwei von vielen Projekten, die sich mit der Mobilität der Zukunft beschäftigen. Selbst-fahrende Teslas in den USA oder Mobility als Teil der Society 5.0 in Japan – auf der ganzen Welt forschen Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik an innovativen Lösungen für die Stadt von morgen.
Und das Beste ist: der Spaß geht gerade erst los!
Fest steht: Mobilität wird sich wandeln. Aber wie? Das entscheiden am Ende wir: Welche Angebote nutzen wir? Welche Angebote fordern wir? Wofür machen wir uns stark? Wie bringen wir uns ein? Es sind Bürgerinitiativen wie der „Radentscheid“, denen wir den Ausbau des „Altstadt-Radlrings“ und die geplanten Radschnellverbindungen zu verdanken haben.
Fest steht auch: Die Stadt wird sich wandeln. Zukunftsvisionen wie die Modellstadt 2030 machen das deutlich. Bereits heute, noch bevor der Mobilitätsplan München richtig Fahrt aufgenommen hat, wird an der Vision 2050.Region München gearbeitet!
Die Stadt der Zukunft wird eine andere sein. Sie wird digital, vernetzt, intelligent, smart – aber wird sie dadurch auch besser? Ist eine „Smart City“ tatsächlich smarter? Eine vernetzte Stadt wirklich intelligenter? In den letzten Jahren haben Ingenieure und Ingenieurinnen ganze Arbeit geleistet und neue, vielversprechende Technologien für die „Konstruktion“ der Zukunft entwickelt. Nun ist es an uns, den Ingenieuren und Ingenieurinnen von morgen, diese Technologien bestmöglich umzusetzen, um bestehende Probleme zu lösen und die Zukunft zu gestalten.
Quellen
[1] https://www.sueddeutsche.de/muenchen/smart-city-urbane-zukunft-zukunftsprojekte-1.4304697
[2] Die anderen beiden Leuchtturmstädte sind Lyon (Frankreich) und Wien (Österreich).
[3] https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Referat-fuer-Arbeit-und-Wirtschaft/Europa/Smart-Cities/Leuchtturm-Smarter-Together.html
[4] https://www.mvg.de/ueber/mvg-projekte/multimodale-mobilitaet/mobilitaetsstationen.html
[5] Kooperation der Landeshauptstadt München und BMW Group mit dem Ziel Verkehrsprobleme zu lösen und Mobilität zukunftsfähig zu gestalten (siehe Artikel 1)
[6] http://www.city2share.de/inhalte.html
[7] „Die Standorte wurden von der Universität der Bundeswehr mathematisch ermittelt. Dafür wurden die Zustellorte und ihre jeweiligen Paketvolumen gewichtet und die durchschnittlichen Entfernungen berechnet.“ aus Arbeitsschwerpunkt e-Logistik, http://www.city2share.de/index.html
[8] https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Referat-fuer-Stadtplanung-und-Bauordnung/Verkehrsplanung/Projekte/City2Share.html
[9] http://www.city2share.de/index.html
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