Prickelnde Logistik bei Coca-Cola

Bericht einer Exkursion zum Coca-Cola-Abfüllbetrieb in Fürstenfeldbruck

Mitte März 2023 organisierte der Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik den 30. Deutschen Materialfluss-Kongress (MFK) am Campus Garching. Im Rahmen des Young Engineer Program des MFK wurde eine Exkursion zu Coca-Cola nach Fürstenfeldbruck organisiert.

Mit einer kalten Flasche Cola in der Hand starteten wir die Führung mit einer Präsentation über Coca-Cola und den Standort Fürstenfeldbruck. Der Konzern verkauft über 500 Marken und ist laut eigenen Angaben in 200 Ländern aktiv. Coca-Cola als Getränk gibt es seit 136 Jahren. Es war ursprünglich als Arzneimittel gegen Müdigkeit und Kopfschmerzen gedacht: ein Ersatz gegen das stark süchtig machende Morphin.

Der Coca-Cola Konzern in Fürstenfeldbruck wird von Coca-Cola Europacific Partners (CCEP) vertreten. CCEP produziert und vertreibt Getränke des Coca-Cola Konzerns in 29 Ländern in Westeuropa, Australien und im Pazifik. Von den ca. 950 Coca-Cola-Produktionsbetrieben weltweit betreibt CCEP 79. In Deutschland gibt es 27 Standorte, davon sind 14 Abfüllbetriebe. Die anderen Standorte befassen sich unter anderem mit Logistik. 2022 war das Verkaufsvolumen von Coca-Cola über 3,9 Milliarden Liter. Davon wurden hier in Fürstenfeldbruck 2018 225 Millionen Flaschen abgefüllt. 2022 entsprach das etwa einem Abfüllvolumen von 175 Millionen Liter (das ist mindestens ein ganzes olympisches Schwimmbecken)! 450 Mitarbeiter:innen arbeiten von Sonntag bis Freitag im Drei-Schicht-Betrieb.

Bildrechte: Coca-Cola / Ulli Deck

In Fürstenfeldbruck stehen drei Abfülllinien für verschiedene Flaschentypen: große PET-Pfandflaschen, kleine PET-Pfandflaschen und Glas-Pfandflaschen. Abgefüllt werden 15 Sorten von Fanta, Mezzomix, Sprite und Coca-Cola, das hier Coke genannt wird. PET-Flaschen machen bis zu 15 Umläufe durch. Danach verliert das Polymer seine Struktur und es wird zum Beispiel zu Schuhsohlen verarbeitet. Die kleinen 0,5 L PET-Flaschen bestehen zu 100 % aus Recyclingmaterial. Der durchschnittliche Anteil an recyceltem PET in allen PET-Einwegpfandflaschen ist 52,5 %. Coca-Colas Ziel sind 100 %, doch ist dies aufgrund der hohen Nachfrage nach Recyclingmaterial nicht unbedingt einfach.

Glasflaschen hingegen können theoretisch ewig weiterverwendet werden. Neue Glasflaschen kamen früher aus der Ukraine, infolge des russischen Angriffskrieges wurde das zuständige Werk zerbombt. Daher werden neue Flaschen nun aus Großbritannien geliefert.

Obwohl es in Fürstenfeldbruck 18 000 Leergut-Stellplätze gibt, kann es zu Leergutengpässen kommen. Damit alle Abfüllstandorte immer ausreichend Leergut haben, gibt es einen deutschlandweiten Koordinator, um das zu vermeiden.

250 000 Europaletten (EPAL)-Lagerplätze und 18 Gabelstapler am Standort Fürstenfeldbruck gibt es. Diese wurden früher mit Gas betrieben, jetzt sind es E-Stapler, deren Batterie sechs bis sieben Stunden hält. Viele Gabelstapler sind sechs-fach-Stapler, sie können also drei Paletten auf einmal heben. 1500 EPALs werden pro Tag verladen, dafür kommen dann täglich zwischen 60 und 100 Lastwägen. Fertige Produkte werden meist nach zwei oder drei Tagen abgeholt, mehr als zwei Wochen dauert es nie.

Puh, was für eine Zahlenschlacht. Die Präsentation ist zu Ende und die Cola-Flasche ist ausgetrunken. Weiter geht es mit einer Führung durch den Betrieb. Wir beginnen bei der Leerguthalle. Hier kommen die Pfandflaschen an und werden sortiert, die Anlage schafft fast 90 000 Flaschen pro Stunde. Neue, leere Flaschen werden von den Lieferpaletten in die eigenen Kästen umsortiert. Das passiert per Hand, da es maschinell langsamer wäre!

Von der Leerguthalle geht es zu den Abfüllanlagen. Auf Hygiene wird hier natürlich streng geachtet: Wir ziehen uns einen weißen Kittel an, dazu Haarnetz, Schutzbrillen und Bartnetz wenn nötig. Außerdem ist ein Fotografier-Verbot verordnet. Deswegen ist das Fotomaterial von Coca-Cola (die Bilder wurden alle in Fürstenfeldbruck gemacht).

In der Halle selbst ist es unüberraschenderweise sehr laut. An der Decke hängen Schallschluckplatten, die den Lärm um 60 % reduzieren. Trotzdem haben wir alle Ohrstöpsel. Überall sind lange Rollenförderer, die scheinbar endlose Aneinanderreihungen an Flaschen von Station zu Station bringen.

Die Reise einer Flasche durch die Halle ist in etwa so: Nachdem sie in einem Kasten durch einen Tunnel aus der Leerguthalle gekommen ist, wird sie aus dem Kasten auf ein Förderband gehoben. Der Deckel wird entfernt und sie wird anhand eines horizontalen Karussells kopfüber in die Reinigungsanlage befördert. Auf dieser Station verweilt die Flasche etwa eine halbe Stunde, denn es werden zwei Laugenbäder durchlaufen, Etikett und anderer Unrat werden entfernt. Die Reinigungsanlage ist riesig: zwei Stockwerke hoch, sechs Meter breit und mindestens nochmal so lang.

Die Reinigungsanlage
Bildrechte: Coca-Cola / Ulli Deck

In den sauberen Flaschen wird Wasser und Sirup im Verhältnis 5:1 vermischt. Der Flaschenhals wird nochmals gereinigt, die frisch befüllte Flasche verschlossen, etikettiert und die Loskennzeichnung wird aufgedruckt. Auf dieser stehen Informationen wie Abfüllstandort und genaue Abfülluhrzeit. Bei Carbonated Soft Drinks können alle Produkte durch die gleiche Abfüllanlage laufen. Bei Produkten ohne Kohlensäure ist es eine andere, die vorher aseptisiert werden muss.

Auf dem Weg durch die Halle kommen wir an der Verpackungsmaschine vorbei. Hier werden die 0,33 L Flaschen in zwölfer-Packs in Plastikfolie eingewickelt. Damit sich das Plastik eng an die Flaschen schmiegt, müssen die Packs noch durch einen 200°C-heißen Ofen.

Enthielt Coca-Cola Kokain?

Die ursprünglichen Hauptzutaten von Coca-Cola waren Ecgonin, ein Präkursor* von Kokain aus Coca-Blättern, und Koffein aus der Kola-Nuss. Daher rührt auch der Name, wobei das K von Kola zu einem C aus Marketing-Gründen geändert wurde. Seit den 1930ern Jahrhundert enthält Coca-Cola kein Ecgonin mehr, auch davor schon wurde die Menge immer stärker reduziert, nachdem dessen schädliche Wirkung bekannt wurde.
*ein Präkursor ist in der Chemie ein Molekül, das bei einer Reaktion als Ausgangsprodukt eingesetzt wird.

Wir steigen über ein Förderband und kommen in eine Nebenhalle. In der nächsten Halle stehen hohe Edelstahl-Tanks, in denen der Zuckersirup hergestellt wird. Es ist allgemein bekannt, dass in Coca-Cola viel Zucker ist. Dafür kommen täglich zwei bis drei Lieferungen mit jeweils 30 Tonnen Zucker. Der Zuckersirup wird mit dem geheimen Konzentrat, das aus Irland angeliefert wird, vermischt. Das Wasser für den Sirup wird vorher enthärtet, damit die Produkte deutschlandweit gleich schmecken. Bei Coca-Cola soll der Geschmack weltweit derselbe sein. Bei anderen Produkten des Konzerns wird auf die Geschmacksvorlieben des jeweiligen Lands eingegangen. So ist Fanta in der Türkei zum Beispiel sehr süß und hat weniger Kohlensäure.

Am Ende werden die Flaschen auf Paletten gestapelt und vom seechs-fach-Stapler abgeholt. Die Paletten haben einen Barcode, damit der Staplerfahrer weiß, wohin er sie fahren soll.

Die letzte Station für die Flaschen ist auch unsere auf dieser Exkursion: Das Kommissionieren der Paletten. Da natürlich nicht nur Paletten mit einem einzigen Produkt die Hallen verlassen, sondern auch viele mit unterschiedlichen Getränken, müssen diese richtig bestückt werden. Dies wird von Kommissionierenden mit Kommissionier-Ameisen gemacht. Ziel ist es, 220 Einheiten pro Stunde auf die Paletten zu bringen, sie schaffen aber auch bis zu 260. Alle sechs Monate wird geprüft, welche Produkte besser oder schlechter laufen, und entsprechend in der Halle platziert, damit die Kommissionierenden möglichst kurze Wege haben. Wird im Lager die letzte Palette angebrochen, bekommt der Staplerfahrer sofort Bescheid, damit Nachschub kommt.

Bildrechte: Coca-Cola / Ulli Deck

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