Philosophia

Philosophie. Das bedeutet häufig, sehr weit auszuholen, um einen sehr knappen Punkt zu untermauern. Nach diesem Schema ist auch dieser Beitrag entstanden. Kurzum: Wir denken, dass unseren Hochschulen ein wichtiges Stück Bildung entflohen ist, und wir möchten dieses Stück am Leben erhalten. Unsere Waffe: Philosophie.

Philosophie? Sind das nicht die mit den abstrusen Gedankenexperimenten? Was hat das mit meiner Bildung zu tun? Nun, lasst uns doch einmal etwas weiter ausholen… und wenn dich doch nur interessiert, wer wir sind, spring einfach zum letzten Abschnitt dieses Beitrags!

Warum studieren?

Gewiss, manch einer ist sich dieser Frage bekannt. Die Frage nach Zweck und Form eines Studiums wird immer wieder von Akteuren – etwa aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und der Zivilgesellschaft – gestellt. Manche sehen es als zweckfrei, manche als Vorbereitung für den Arbeitsmarkt, andere berufen sich auf das „Humboldtsche Bildungsideal“. Vor allem letztere Ansichten stehen im Brennpunkt der Zeit. Studium, ja warum eigentlich?

Die Humboldt-Universität zu Berlin

Was war „Studium“?

Wie so oft lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit. Universitäten, das waren stets Orte der Wissenschaft und deren Lehre. Noch bis in die Zeit der Aufklärung war es sogar möglich „universal gelehrt“ zu sein, sich also nicht nur, beispielsweise, mit einem Aspekt der Naturwissenschaft zu beschäftigen, sondern Kenntnisse in verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen zu erlangen. Viele Universitäten verfolgten eine solche „Universallehre“ für das Studium. Spezialisierungen, wie etwa Medizin, Jura und Religion jedoch, existierten ebenfalls wie eh und je. Eine „Universallehre“ war dementsprechend nie der Kern eines Studiums. Die wahre Essenz ist hingegen, so sah es zumindest Wilhelm von Humboldt, die Bildung:

„Es gibt schlechterdings gewisse Kenntnisse, die allgemein sein müssen, und noch mehr eine gewisse Bildung der Gesinnung und des Charakters, die keinem fehlen darf.“

Das Humboldtsche Bildungsideal prägte das Idealbild der deutschen Hochschulen wesentlich. Ein Studium soll keine Ausbildung sein; ein Studium soll bilden. Sich bilden, das bedeutet nicht, die Spezialisierungen abzuschaffen, jedoch sie – zumindest konzeptuell – ans Ende des Studienplans zu stellen. Die Allgemeinbildung, das Verständnis für Mensch, Gesellschaft und Verantwortung, und die Fähigkeit zu lernen, stehen im Mittelpunkt dieses Ideals. In anderen Worten: Die Universität sollte ein Ort sein, an dem autonome Individuen hervorgebracht werden bzw. sich selbst hervorbringen.

Wie ist „Studium“?

Zurück zur Gegenwart. Offensichtlich beschreitet niemand von uns mehr den Weg der „Universallehre“. Aufgrund des wissenschaftlichen Fortschrittes und unseren beschränkten mentalen Kapazitäten wäre dies schlicht nicht mehr möglich. Heute zu studieren bedeutet meist sich intensiv zu spezialisieren. Im Studienplan wird alle Zeit und Geisteskraft dem Hauptfach gewidmet. Jahr zu Jahr wird unser Wissen detaillierter und spezifischer, um am Ende das menschliche Gesamtwissen in Form einer Abschlussarbeit bereichern zu können. Im Namen der Wissenschaft. Und häufig auch im Namen des Arbeitsmarkts – Spitzenplätze bei „Global Employability Rankings“ stehen hoch im Kurs an der TUM.

Allgemeinbildung, Austausch mit Gesellschaft und zwischen verschiedenen Wissensdisziplinen, ethische Grundlagen und kritische Hinterfragung der eigenen Disziplin hingegen, rückten weit in den Hintergrund des Studienplans, wenn überhaupt noch existent. Der Tod des Humboldtschen Bildungsideal? Der Preis, so denken wir, ist hoch.

Studium birgt Verantwortung

Wir, die Studierendenschaft, bilden einen großen Teil zukünftiger Arbeiterinnen, Denkerinnen und Verantwortungsträger*innen. Ob nun in der Wissenschaft, im privaten, oder im öffentlichen Dienst: eine universitäre Ausbildung birgt nicht nur Spezialisierung, sondern auch Verantwortung. Verantwortung bei Arbeit, Forschung, Gesetzesgebung, und vielem mehr.

Diese Verantwortung, und unsere damit einhergehenden Entscheidungen, stehen nie im Vakuum, sondern im sozialen Kontext der gesamten Menschheit: Informatikerinnen bestimmen unsere Kommunikationsmethoden, das Maschinenwesen unsere Mobilität, Architektinnen über unseren Lebensraum. Eine technokratische Ausbildung blendet diese Komponenten aus. Die Bildung, im Sinne Humboldts, unterstützt hingegen unser demokratisches, ethisches und soziales Bewusstsein.

Lang lebe die Bildung

Anstatt nun weiter über den vermeintlichen Tod des Bildungsideals zu philosophieren, möchten wir lieber mit euch philosophieren. Denn selbst wenn Humboldt aus unseren Studienplänen verschwunden ist, nimmt das uns nicht die Möglichkeit, uns selbst zu organisieren, uns auszutauschen, uns zu bilden.

Die Philosophie ist die Disziplin der Ethik, die Suche nach Wahrheit, die Frage nach freiem Wille und dem Universum, der Diskurs nach sozialer Gerechtigkeit und Gesellschaft, die Neugierde und das Streben nach dem Ungewissen. All diese Themen besprechen wir bei uns, interdisziplinär und interkulturell, egal ob TUM, LMU oder Nicht-Studierende.

Wöchentlich treffen wir uns und besprechen einen neuen philosophischen Text. Doch keine Angst: Auch ohne philosophisches Vorwissen bist du stets willkommen. In Gruppen tauschen wir unsere Fragen aus, helfen uns gegenseitig und diskutieren auch mal gerne konträre Meinungen. Und damit der Spaß und die Freundschaft nicht zu kurz kommen, gibt es das obligatorische Social nach der Diskussion. Komm doch auch mal vorbei – Bildung ist für alle da: philosophiamunich.org.

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