Die Mitglieder des Referats für Umwelt der Studentischen Vertretung der TUM setzen sich schon seit Jahrzehnten auf verschiedenen Ebenen für nachhaltige Entwicklung, Bildung und Aktionen ein. Sie organisieren etwa die Ringvorlesung Umwelt, den nachhaltigen Stadtspaziergang und Kleidertauschpartys. Auch für eine erneuerbare Energieversorgung, nachhaltige Campusgestaltung sowie Projekte wie die Grüne Mensa, Plant a Seed (Urban Gardening) und die Fahrradselbsthilfewerkstatt setzen sie sich ein. Bei vielen dieser Projekte ist die Zusammenarbeit mit Entscheidungstragenden der TUM und der Verwaltung notwendig. Wir haben uns mit dem Referat für Umwelt über die Erfahrungen beim Umsetzen dieser Projekte unterhalten.
Mit wem von der TUM seid ihr primär in Kontakt und wie läuft die Kommunikation?
Der direkteste Kontakt ist Tobias Michl, der Nachhaltigkeitsmanager der TUM. Mit ihm ist die Kommunikation sehr gut und kollegial, wir treffen uns regelmäßig. Herr Michl ist aber selbst dem Hochschulpräsidium unterstellt und kann natürlich nicht frei entscheiden, was ihm passt oder was für die Nachhaltigkeit vielleicht am besten wäre. Beispielsweise bei der Nachhaltigkeitsstrategie hat schlussendlich das Präsidium das letzte Wort.
Wie funktioniert die Kommunikation mit dem Präsidium?
Der Kontakt mit dem Präsidium ist schwieriger und wir würden uns häufig eine direkte Antwort wünschen. Zum Beispiel haben wir noch keine Rückmeldung auf unsere Sofortmaßnahmen bekommen. Das ist eine Liste an Maßnahmen für strukturelle Änderungen im Nachhaltigkeitsbereich der TUM, die wir als die dringendsten ansehen. Andererseits wissen wir auch, dass einige der Maßnahmen bereits geplant sind. Im Sommer hatten wir allerdings gefordert, dass beim anstehenden Umbau des Innenstadtcampus Klimaanpassung mitgedacht wird. Damals kam keine Antwort vom Präsidium, obwohl man davon ausgehen würde, dass das ein wichtiges Thema ist – und ohne eine Entscheidung auf dieser Ebene hat die Verwaltung mangels Kapazitäten und Geld auch kaum eine Handhabe.
Aus dem Präsidium ist die einzige Person, mit der wir direkten Kontakt hatten, Professor Gerhard Kramer, der Vizepräsident für Forschung und Innovation. Er ist zusätzlich auch für das Thema Nachhaltigkeit zuständig, es ist aber klar, dass die beiden Hauptzuständigkeiten bereits riesig sind und für Nachhaltigkeit allein aus Kapazitätsgründen nicht genug Aufmerksamkeit da sein kann. Deswegen fordern wir auch eine Vizepräsident*in, die speziell für Nachhaltigkeit verantwortlich ist.
Wir würden uns eigentlich eine direkte Einbeziehung bei der Ausgestaltung von Ideen seitens des Präsidiums wünschen, zum Beispiel zu unseren Vorschlägen zur Zukunft der Taskforce Nachhaltigkeit – unsere Ideen haben wir vorgetragen und diese werden dann mitgenommen, aber eine direkte Rückmeldung gibt es selten. Über ein Treffen mit Präsident Prof. Hofmann würden wir uns sehr freuen.
Wie wurde eure Vision 2030 aufgenommen?
Die Vision 2030 haben wir mit dem online-Event „Let’s talk about Sustainability at TUM!“ vorgestellt. Hierzu haben wir neben Studierenden auch die Taskforce Nachhaltigkeit eingeladen, aus der einige motivierte Professor*innen teilgenommen und positive Rückmeldung gegeben haben. Leider war die Taskforce nicht vollständig anwesend, wir hätten uns auch sehr über die Teilnahme von Präsident Hofmann gefreut. Vizepräsident Kramer durften wir die Vision bereits zuvor in einem internen Meeting vorstellen, ein direkter Austausch mit ihm im Rahmen des Events wäre aber trotzdem wünschenswert und bereichernd gewesen.
Die Reaktion auf unsere Forderungen war insgesamt positiv, wir hätten uns zu diesem Zeitpunkt gerne schon verbindlichere Zusagen zur Umsetzung der Vorschläge gewünscht.
Hier ist uns jedoch nicht wirklich klar, wie viel Prof. Kramer als Vizepräsident selbst entscheiden kann. In der TUM Sustainable Futures Strategy 2030 finden wir nun allerdings viele unserer Forderungen wieder. Jetzt müssen diese schnell und konsequent umgesetzt werden.
Gibt es auch Personen, die eure Arbeit aktiv blockieren?
Nein, aktive Blockade würden wir es nicht nennen. Prinzipiell gibt es schon manchmal Punkte, bei denen wir gesagt bekommen, dass sie in der von uns geforderten Form unmöglich umzusetzen sind. Da gehen teilweise die Vorstellungen auseinander, aber das ist in einem Diskurs vielleicht auch notwendig.
Habt ihr insgesamt viele Unterstützerinnen, auch unter den Professorinnen?
Ja, da gibt es viele motivierte Leute, gerade diejenigen, die auch in dem Bereich forschen.
Wie kann die TUM denn dazu gebracht werden, Maßnahmen schneller umzusetzen?
Wir sehen unsere Aufgabe darin, als Vertretung der Studierendeninteressen das Thema immer wieder mit Nachdruck an die Entscheidungstragenden heranzutragen. In dieser Arbeit fühlen wir uns auch von Professor*innen bestärkt. Wir würden uns dennoch manchmal eine stärkere Positionierung ihrerseits wünschen. Von den Profs wurde uns aber hin und wieder das Gefühl vermittelt, dass ihr Einfluss beschränkt sei und sie den Ball eher bei den Studierenden sehen, um „auf der Straße“ Druck zu machen.
Da fragt man sich: Wer hat denn jetzt Einfluss? Wer trifft denn die Entscheidungen? Rechtlich gesehen ist das natürlich nachvollziehbar und die Zuständigkeiten im Präsidium sind klar geregelt. Aber man fragt sich doch, warum bisher so wenig passiert ist, wenn wir so viele engagierte und motivierte Professorinnen und Studis mit guten Ideen an der Uni haben. Vielleicht müsste man auch über Freistellungen oder andere strukturelle Veränderungen nachdenken, damit die Expertise der Professorinnen stärkeren Eingang finden kann.
Bei den Workshops zur Nachhaltigkeitsstrategie kam oft das Argument, woher das Geld kommen soll und der Verweis auf andere Entscheidungskriterien neben Nachhaltigkeit. Dabei hat uns oft die Dringlichkeit des Themas gefehlt, im Bereich Energie sieht man gerade zum Beispiel, dass viel frühere, entschlossene Investitionen einiges an Geld gespart hätten.
Bekommt ihr also von Professor*innen die Rückmeldung, dass Studierende sich nicht radikal genug für Nachhaltigkeit einsetzen?
Nein, wir bekommen eher Unterstützung, dass wir unserem Ärger mehr Luft machen sollten. An sich könnten wir natürlich radikalere Protestformen wählen. Aber gleichzeitig dürfen wir uns als Referat für Umwelt nicht die Gesprächs- und Kooperationsmöglichkeiten mit der TUM und den Gremien verbauen. Man muss also genügend Druck aufbauen, um ernstgenommen zu werden, aber nicht so viel, dass man als zu radikal wahrgenommen wird und die Gesprächsgrundlage verloren geht. Mit diesem Widerspruch muss man irgendwie umgehen.
Wir würden uns deshalb auch von den Expert*innen klarere Aussagen und Aktionen in Richtung TUM-Management und -Verwaltung wünschen.
Wie sehr steht die Verwaltung der Uni in eurer Wahrnehmung hinter den Themen?
Gerade in Bezug auf die Campusverwaltung kommt oft wenig zurück. Etwa beim Thema Campusbegrünung wäre eine enge Zusammenarbeit mit der Verwaltung schön. Vor eineinhalb Jahren gab es einen wirklich guten Austausch zum Innenstadtcampus, aber plötzlich kamen dann keine Antworten mehr. Auch auf erneute Anfragen dieses Frühjahr kam erst nach der Mail zu Klimawandelanpassung ans Präsidium eine Reaktion, aber unsere Antwort von vor zwei Monaten ist wieder ins Leere gelaufen. Das liegt unserer Einschätzung nach auch ganz stark daran, dass einfach nicht genügend Ressourcen bei der Verwaltung sind, um sich überhaupt um alles zu kümmern. Das ist schade für die Sache, aber auch für die Leute, die viel Arbeit in diese Projekte stecken.
Man hat das Gefühl, dass alles in Richtung Startup und Entrepreneurship eine große Bühne bekommt und gefördert wird. Aber bei Nachhaltigkeitsfragen ist der Kontakt zu Enscheidungstragenden schwierig. Man wird nicht einmal bei einem Campusumbau eingeplant. Das schadet der Arbeit, die wir leisten.
Wir würden uns mehr Wertschätzung für studentische Arbeit im Bereich Nachhaltigkeit wünschen, Nachhaltigkeitsmanager Herr Michl mal ausgenommen. Wir freuen uns natürlich, wenn zum Beispiel im Social Media der TUM über uns berichtet wird. Allerdings braucht es eben die langfristige, auch finanzielle Unterstützung, um Planungssicherheit zu haben.
Vor zwei Ausgaben haben wir ein Interview mit Prof. Spliethoff vom Lehrstuhl für Energiesysteme geführt. Er hat unter anderem mit Prof. Hamacher das Projekt „Clean Tech Campus“ ins Leben gerufen, bei dem ein nachhaltiges Energiekonzept für den Campus Garching entwickelt wurde. Es lief von 2016 bis 2019. Seitdem ist wenig passiert. Was sind hier die Schwierigkeiten in der Umsetzung?
In diese Studie wurde damals sehr viel Arbeit gesteckt. Wir wissen selbst nicht, warum daraus nicht schon früher etwas geworden ist. Vielleicht tut sich aber unter dem Eindruck der aktuellen Gaskrise etwas in Sachen Energie in Garching.
Das heißt, eigentlich gibt es schon viele gute Ideen?
Absolut, aber bei der Umsetzung scheitert es dann wahrscheinlich an den Sachzwängen der Verwaltung oder dem Präsidium. Oftmals passiert erst nach mehrfachem Nachhaken etwas. Das liegt natürlich auch daran, dass die TUM größer ist als viele Unternehmen und die Entscheidungen auf keinen Fall einfach sind. Da brauchen die Entscheidungstragenden vielleicht stärkere Rückendeckung von uns Studierenden und wir müssen mutiger sein, unsere Wünsche öffentlich zu äußern.
Vielleicht fehlt auch eine Vision oder Vorstellung einer nachhaltigen Uni vonseiten der TUM?
Die Strategie, die jetzt entstanden ist, ist sehr umfassend und sieht vielversprechend aus. Aber wir fangen viel zu spät mit der Umsetzung an. Zum Beispiel an der BOKU Wien gibt es seit 2014 einen Nachhaltigkeitsbericht und etwa zehn Mitarbeitende, die sich nur um Nachhaltigkeit kümmern. Und diese Uni hat nur ein Viertel der Studis der TUM. Am Campus gibt es einen Garten, der nicht von Studis, sondern von einem Lehrstuhl für ein Forschungsprojekt verwaltet wird. Hier werden unter anderem alte und neue Pflanzensorten nebeneinander angebaut und nachhaltige Agrarmethoden demonstriert.
Natürlich haben wir irgendwo auch gesellschaftlich die Klimawende verpasst. Aber gerade eine wissenschaftliche Institution sollte solche Problematiken erst recht wahrnehmen und handeln. Wir hätten uns natürlich gewünscht, dass der Campus heute schon erneuerbar versorgt würde, aber zumindest bildet sich jetzt ein Weg in die richtige Richtung ab. Hierzu werden aber auch die aktuellen Krisen und der Gaspreis ihr Übriges beigetragen haben, da darf man sich nichts vormachen.
Gibt es auch Punkte, in denen die Uni selbst durch gesetzliche Vorgaben eingeschränkt ist?
Oft wird gesagt, dass Gelder fehlen, das mag durchaus der Grund sein, warum manches nicht umsetzbar ist. Es sollte jedoch möglich sein, Finanzierungsmöglichkeiten für Projekte wie Clean Tech Campus zu schaffen. Ein CO2-neutral betriebener Demo-Campus Garching wäre doch auch ein Aushängeschild. Es sollte in einem solchen Fall auf jeden Fall transparenter kommuniziert werden, warum es nicht geht.
Wie genau war euer Vorgehen bei der Forderung nach Photovoltaikanlagen? Welche Probleme haben sich dabei gestellt?
Viele Prozesse sind sehr intransparent, zum Beispiel bei Kriterien für die Eignung von Flächen für Solaranlagen. Das macht es schwer, voranzukommen, liegt aber erstmal am Bauministerium.
Wir haben erst einen Termin mit dem Gebäudemanagement der TUM bekommen, als wir uns nicht mehr nur an die Uni, sondern an das zuständige Landesbauministerium gewandt haben. Nun haben wir aber einen konstruktiven Austausch zum Thema Photovoltaik und Energie mit der Leitung der Gebäudeverwaltung, den wir sehr wertschätzen. Dieser hat vor einem halben Jahr begonnen, und wir sehen die TUM mittlerweile in dieser Hinsicht auf einem guten Weg und begrüßen das Engagement der Verantwortlichen – es hätte aus unserer Sicht natürlich schon früher kommen können.
Vielen Dank für das Interview.
Vielen Dank.
Interviewt wurden – stellvertretend für das Referat für Umwelt – Manuel Lerschmacher, der Referent für Umwelt, sowie Lisa Thuro und Lennart Trentmann, Mitglieder im Referat.
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