Der Lehrstuhl für Energiesysteme stellt sich vor

Ordinarius: Prof. Spliethoff
Webadresse: www.epe.ed.tum.de/es
Standort in der Magistrale: Hof 7, 3. Stock
Anzahl der Mitarbeitenden (Doktoranden, HIWIs, etc.): 60 Mitarbeiter (35 Doktoranten, 6 Postdocs)
Angebotene Vorlesungen (WS und SS)
Vertiefungsfach (Bachelor): Energiesysteme und Energiewandlung
Vertiefungsfächer (Master): Prozesstechnik thermischer Abfallbehandlungsanlagen, Energetische Nutzung von Biomasse und Reststoffen, Reaktionsthermodynamische Grundlagen für Energiesysteme, Strom und Wärmespeicher im Energiesektor, Solarthermische Kraftwerke, Thermische Kraftwerke
Ergänzungsfächer: Stromnetze, Energie und Wirtschaft, CFD-Simulation thermischer Prozesse, Wasserstoff-Technologien für ein nachhaltiges Energiesystem
Praktika: Regenerative Energien, Energietechnik, Kraftwerkstechnik
Englisch-schprachiges Angebot (MSPE): Renewable Energy Technology I, Renewable Energy Technology II, Thermodynamics in Energy Conversion, Thermal Power Plants, MSPE Energy Systems Lab
Aktuelle Forschungsprojekte: BioAdd, BioCore, SynSOFC II, E2Fuels, ECOFLEX LaBreVer,
Energy Valley Bavaria, ReGasFerm, PyroGas, Geothermie Allianz Bavaria, GOLD, GreenNH3-Network, REDEFINE H2E, OptiNOx, OptiMaDyn, TWIN-PEAKS, TWIST, VERENA
Industriepartner: Air Liquide, RWE, SWM, EWG, Örsted, E-on, Uniper, Valmet,
Martin AG, Völkl, Apros, CURRENTA, VTT, STEAG, PreZero, GKN, Schmidtsche Schack, MAN, Siemens, Märker, Infraserv, SCHWING Technologies, Clariant, GTT, Audi, Volkswagen, Bosch, BRISK, etc.
Angebotene Exkursionen / Seminare: Master-Seminar, VDI-ES Seminar
Ansprechpartner für Abschluss-Arbeiten und HIWI-Jobs: andreas.hanel@tum.de

Mit max. Power in die Zukunft!

Die Geschichte des Lehrstuhles für Energiesysteme direkt auf Carl von Linde oder sogar Nußelt zurückzuführen wäre sicherlich ein Stück weit übertrieben. Dennoch setzten diese Herren den Grundstein für die jahrzehntelangen Forschungstätigkeiten im Bereich der Energietechnik an der Technischen Universität München, welche letztendlich auch zur Gründung des Lehrstuhls für Energiesysteme in seiner jetzigen Form führte.

Heute ist der Lehrstuhl sehr breit aufgestellt und befasst sich mit der Energiewende auf Technologie-, Prozess- und Systemebene. Zum einen werden diverse Prozesse und Technologien untersucht, die zu einem möglichst robusten und effizienten nachhaltigen Energiesystem vor dem Hintergrund der schwankenden Verfügbarkeit der erneuerbaren Energien beitragen sollen. Im Fokus stehen dabei unter anderem innovative Verfahren zur Herstellung nachhaltiger Energieträger und Grundchemikalien mit Hilfe von Festbrennstoffen wie Biomasse oder Reststoffen sowie mittels Power-to-X Konzepten unter direkter Stromnutzung. Daneben beschäftigt sich der Lehrstuhl mit thermischen und thermochemischen Energiespeichertechnologien für Hochtemperaturprozesse sowie der Entwicklung integrierter reversibler Brennstoffzellen- & Elektrolysesysteme, die sowohl im Brennstoffzellenmodus Strom produzieren, als auch im Elektrolysemodus Strom in Form von Wasserstoff und wasserstoffreichen Synthesegasen speichern können. Des Weiteren zielt der Forschungsbereich der Kraftwerkstechnik und thermodynamischen Kreisläufe darauf ab, thermische Kraftwerke möglichst effizient und flexibel betreiben zu können sowie mittels Organic Rankine Cycle Prozessen Wärmequellen niedriger Temperaturniveaus für die Stromproduktion zu nutzen. Zum anderen werden Energiesysteme am LES ganzheitlich auf Systemebene untersucht. Dabei werden die Energie- und Stoffströme auf Systemebene simuliert, um optimale Konfigurationen des Gesamtsystems zu ermitteln und das Systemverhalten unter gegebenen Szenarien zu untersuchen. Energiesysteme werden dabei sowohl im Kleinen auf Quartiersebene als auch im Großen auf deutscher oder europäischer Ebene betrachtet.

Forschungsschwerpunkte des Lehrstuhls

Seine Kompetenz im Bereich Energiesystemtechnik gibt der Lehrstuhl durch zahlreiche Vorlesungen im Sommer- und Wintersemester weiter. Den ersten Kontakt haben die Studenten dabei meist im Bachelorstudium mit der Vorlesung Energiesysteme und Energiewandlung. Aufbauend auf den dabei vermittelten Grundlagen haben die Studenten dann im Master die Möglichkeit sich auf spezifische Arten und Aspekten der Energiebereitstellung zu vertiefen. Dabei bietet der Lehrstuhl sowohl Vorlesungen zur klassischen Energieerzeugung, wie beispielsweise im Fach Thermische Kraftwerke, aber auch zu aktuellen Fragestellungen, wie im neuen Kurs zu Wasserstoff-Technologien für ein nachhaltiges Energiesystem.
Die breite Aufstellung des LES spiegelt sich auch in der Anzahl der Mitarbeiter und den zahlreichen Drittmittelprojekten wieder. Aktuell sind ca. 60 Mitarbeiter am Lehrstuhl beschäftigt, wobei neben Prof. Spliethoff sechs Gruppenleiter die Betreuung der ca. 35 angehenden Doktoranden übernehmen. Diese werden darüber hinaus durch zahlreiche Mitarbeiter in den Werkstätten, den Laboren und dem Sekretariat des Lehrstuhles unterstützt. Die meisten der Mitarbeiter werden dabei durch Drittmittelgelder aus der erfolgreichen Akquise nationaler und internationaler Projekte finanziert. Im Folgenden werden einige der größten Projekte des Lehrstuhles vorgestellt:

REDEFINE H2E – Internationales Zukunftslabor

Eines der neuesten und größten Projekte am Lehrstuhl für Energiesysteme ist das aktuell einzige vom BMBF geförderte Internationale Zukunftslabor zum Thema grüner Wasserstoff mit dem Akronym REDEFINE H2E („Renewable Electricity Dispatch and Expendable Feedstock-Integrated Net-Zero-Emission Hydrogen Economy“). Mit einem Budget von 5 Mio. € ermöglicht dieses Projekt renommierten Wissenschaftlern aus 14 verschiedenen Ländern gemeinsam an einem zukünftigen Energiesystem basierend auf verschiedenen Wasserstofftechnologien zu forschen. Die geplanten Versuche umfassen dabei die plasmagestützte Vergasung in unserem schon existierenden Flugstromvergaser BOOSTER (Biomass Pilot-Scale Entrained Flow Gasifier), den reversiblen Betrieb von Festbrennstoffzelle in einem neu konstruierten Druckteststand, sowie die enzymatische Verwertung und Herstellung von Wasserstoff in Bioreaktoren. Energiesystemstudien und techno-ökonomische Analysen runden das Projekt ab. Die Kernzeit von REDEFINE H2E ist Mitte 2023. In diesem Zeitraum werden alle Wissenschaftler vor Ort sein. Wir freuen uns schon jetzt auf den gemeinsamen Austausch und die gemeinsame Zeit an unseren Versuchsanlagen!

Booster

VERENA – Polygenerationsanlagen für Strom und Grundchemikalien

Das Projekt VERENA reiht sich in eine lange Reihe von Projekten zum Thema Vergasung von Festbrennstoffen zur Polygeneration von Strom und Chemikalien ein. War der Inhalt in den Vorgängerprojekten HotVeGas I bis III noch sehr dominiert von der Entwicklung effizienter IGCC-Kraftwerke für die Nutzung heimischer Braunkohle, hat VERENA den Fokus insbesondere auf die energetisch sinnvolle Verwertung von Reststoffen, wie beispielsweise Klärschlamm und Kunststoffabfällen. Ziel des aktuellen Vorhabens ist es einerseits grundlegendes Verständnis über das Umsatzverhalten dieser alternativen Brennstoffe zu sammeln und andererseits deren Nutzung im Pilotmaßstab zu demonstrieren. Hierzu werden gleich mehrere Anlagen am Lehrstuhl für Energiesysteme herangezogen: Die wohl größte Anlage an unserem Lehrstuhl ist der PiTER (Pressurized high Temperature Entrained Flow Reaktor). Dieser über fünf Stockwerke ragende, elektrisch beheizte Rohrreaktor erlaubt Flugstromversuche bis zu 1800 °C und einem Druck von 50 bar. Das interessante: Trotz seiner Größe wird dieser Reaktor für die grundlegenden Versuche benötigt. Versuche im Pilotmaßstab werden im BOOSTER durchgeführt. Der Betrieb der Anlagen und die damit verbundene Forschung werden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klima mit einem Budget von ca. 2 Mio. € gefördert.

PiTER

Energy Valley Bavaria – Flexible Kraftwerke

HiPERAls Teil des Projekts „Energy Valley Bavaria – Flexible Kraftwerke“ werden am LES Möglichkeiten zur Flexibilisierung konventioneller Kraftwerke untersucht. Durch die verstärkte Integration erneuerbarer Energien in das bayerische, deutsche und europäische Stromsystem wird sich die Dynamik der von konventionellen Kraftwerken zu deckenden Lastprofile deutlich erhöhen. Mit Hilfe der Hochdruck-Verdampferstrecke HiPER werden am LES definierte Betriebspunkte, Anfahrvorgänge, und Laständerungen verschiedenster Anlagentypen realitätsnah abgebildet werden. Durch die entsprechende Messtechnik für Druck, Temperatur und Dampfgehalt können die lokal vorliegenden Strömungsformen, die lokalen Temperaturprofile und damit die lokalen Wärmeübergangskoeffizienten bestimmt werden. Gleichzeitig werden CFD Modelle entwickelt, die durch die Experimente mit der geplanten Versuchsstrecke unterstützt und validiert werden. Das auf diese Weise erlangte Tiefenverständnis für die Vorgänge in Hochdruckverdampfern soll zur Verbesserung der Flexibilität konventioneller Kraftwerke beitragen. Darüber hinaus stehen am LES dynamische Prozesssimulationen konventioneller Kraftwerke im Fokus. Mit der dynamischen Simulation lassen sich bestehende Kraftwerke inklusive ihrer Leittechnik darstellen, sodass das dynamische Verhalten realer Anlagen untersucht werden kann. Ziel der Arbeiten ist eine detaillierte Darstellung des dynamischen Verhaltens eines Kraftwerksblockes in einem Kraftwerkssimulator und die Nutzung dieses Simulators zur Entwicklung von Maßnahmen zur Erhöhung der Regelgüte und Fähigkeit zur Regelleistungsbereitstellung insbesondere im Teillastbereich.

HiPER

TWIST – Thermochemische Hochtemperatur-Energiespeicher

Im Zuge der Energiewende werden thermische Speicher künftig stark an Bedeutung gewinnen. Im Vorgänger-Projekt „TcET“ wurde am LES ein Hochtemperatur- Wärmespeichersystem entwickelt, welches auf den thermochemischen Paaren CaO/Ca(OH)2 bzw. MgO/Mg(OH)2 basiert. Um einen guten Stoff- und Wärmeübergang zu gewährleisten, wurde die Reaktion im Wirbelschichtverfahren implementiert. Bei der Auslegung und technischen Umsetzung konnten bereits entscheidende Fortschritte erzielt werden, an die das Projekt „TWIST“ nun anknüpft. Das wesentliche Ziel von TWIST ist es, die untersuchte thermochemische Speichertechnologie vom Technikums- zum Pilot-Maßstab weiterzuentwickeln. Mittels Modellentwicklung und Prozessrechnungen sollen zudem bisher ungenutzte Energieeffizienz- und Flexibilitätspotentiale in der Industrie identifiziert werden, die sich durch den Einsatz von Wärmespeichern erschließen lassen.

Forschungsreaktor

BioCORE/Reverion – Von der Forschung zum Startup

Neben der universitären Lehre und Forschung treibt der LES auch aktiv die Kommerzialisierung innovativer Energiesystemtechnik voran. Mit unter anderem den Angeboten des UnternehmerTUM Gründerzentrums und der EXIST Gründungsförderung bieten sich vielfältige Möglichkeiten, neue Technologien im Rahmen einer Ausgründung in den Markt zu bringen. Ein aktuelles Beispiel am LES ist die Gründung des Startups Reverion auf Basis der Forschungsarbeiten des BioCORE Projekts. Ziel der entwickelten Technologie ist eine bessere Nutzung existierender Biogasquellen mittels flexibler Brennstoffzellensysteme. Dabei kommen statt konventioneller Blockheizkraftwerke innovative Festoxidbrennstoffzellen zum Einsatz, welche sich durch eine vergleichsweise hohe Effizienz auszeichnen. Durch ein neuartiges Systemdesign wird der Wirkungsgrad des Brennstoffzellensystems im Vergleich zum Stand der Technik deutlich gesteigert (elektrischer Wirkungsgrad >= 80%) und zugleich ein reversibler Betrieb ermöglicht. Hiermit können zeitweise anfallende Erzeugungsüberhänge aus Windkraftanlagen und Photovoltaik per Elektrolyse in synthetisches Methan überführt und in das Erdgasnetz eingespeist werden. Auf diese Weise fungiert das System sowohl als Stromproduzent als auch als Speicher für schlecht regelbare erneuerbare Energien in Abhängigkeit der jeweiligen aktuellen Marktlage. Reverions Technologie ist damit ein vielversprechender Baustein eines zukünftigen nachhaltigen Energiesystems. Dies hat auch die Öffentlichkeit bereits erkannt: Reverion ist einer der Gewinner des von Elon Musk geförderten $100M XPRIZE CARBON REMOVAL Wettbewerbs und wurde als Startup des Monats Mai 2022 des International Sustainable Chemistry Collaborative Centre ausgewählt. Für ihr erstes Geschäftsjahr hat sich Reverion auch darüber hinaus viel vorgenommen: Die Mitarbeiter sollen von 5 auf 15+ erhöht und die Technologie zur Kommerzialisierungsreife gebracht werden.

BioCORE Container

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