Interview mit Professorin Wudy

Professorin Wudy baut 2019 die neue Professur für Laserbasierte Additive Fertigung an der Fakultät Maschinenwesen auf. In diesem Interview erzählt sie uns, an was sie forscht, wie die Zusammenarbeit mit anderen Lehrstühlen die Arbeit bereichert und wie sich Studierende einbringen können.

Hier stellt sich der Lehrstuhl vor.

Reisswolf: Die Additive Fertigung an sich ist nicht so jung, der Hype um den 3D-Druck allerdings schon. Sie haben sich schon früh mit der Additiven Fertigung beschäftigt – woher kam Ihr Interesse? 

Professorin Wudy: Im Rahmen meines Studiums der Kunststoff- und Elastomertechnik hatte ich bereits den ersten Kontakt zum Thema Additive Fertigung. Damals, 2010, durch eine Gastvorlesung von Herrn Professor Gebhardt, einer der Wegbereiter der Additiven Fertigung in Deutschland. Die Technologie war zu diesem Zeitpunkt in der Gesellschaft, der Industrie und auch im Universitätsumfeld kaum bekannt und ich war von an Anfang an begeistert von den Freiheitsgraden, die durch die Additive Fertigung möglich sind. Alles, was vorstellbar ist, kann auch umgesetzt werden. Welcher Herzblutingenieur träumt nicht von diesen Möglichkeiten der Einstellung völlig neuer Materialeigenschaften und Umsetzung bis dato nicht möglicher Designs. Mit dem Beginn meiner Doktorarbeit in 2012 an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) im Themenfeld der Additiven Fertigung (Additive Manufacturing, AM), war ich offiziell „AM Addicted“.  

Reisswolf: Wie kam es dazu, dass Sie an die TUM gekommen sind? 

Professorin Wudy: Nach einer Promotion stellt sich ähnlich wie nach dem Studium die Frage, wie es weitergehen soll. Bereits während des Studiums und der Promotion schlug mein Herz für die Forschung und die Zusammenarbeit mit Studierenden. Mit der Promotion war also ziemlich schnell der Plan geboren der Forschung treu bleiben zu wollen und zu versuchen in der Forschung als Professorin Fuß zu fassen, wenngleich viele Statistiken gegen diesen Karrierewunsch sprachen. Mein damaliger Doktorvater unterstützte mich in meinem Vorgehen und bereits nach einem Jahr als Postdoktorandin bewarb ich mich an der TUM um die Tenure Track Professur für Laser-based Additive Manufacturing. Ein Jahr später bin ich hier und freue mich die Welt der Additiven Fertigung gemeinsam mit meinen Mitarbeitenden und den Studierenden an einer der besten Universitäten in Deutschland mit gestalten zu dürfen. Am Ende muss man den Mut haben, seine Träume und Wünsche auszusprechen und zu leben.  

Reisswolf: Mit Ihnen kam noch ein weiterer Lehrstuhl zur Additiven Fertigung an die TUM. Wo genau liegt Ihr Schwerpunkt? 

Professorin Wudy: Die TUM hat im letzten Jahr die Kompetenzen im Bereich der Additiven Fertigung essentiell gestärkt, was mich persönlich sehr freut. Wir, meine drei Mitarbeiter und ich, beschäftigen uns mit prozessseitigen Fragestellungen im Bereich der pulver- und strahlbasierten Additiven Fertigung von Kunststoffen und Metallen. D.h. die Verfahren, die wir forschungsseitig adressieren, sind das Laser-Sintern von Kunststoffen und das Laserstrahlschmelzen von Metallen. Näheres zu aktuellen Forschungsthemen können die Studierenden gerne auf unserer Homepage (www.mw.tum.de/lbam) nachlesen.  

Reisswolf: Inwieweit arbeiten Sie mit anderen Lehrstühlen zusammen? Die Additive Fertigung ist ja durchaus ein Thema, das sich durch viele Themengebiete zieht. 

Professorin Wudy: Mein persönliches Ziel ist es, die TUM zu einem der Flaggschiffe für Additive Fertigung im internationalen Umfeld zu machen. Dafür ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit unabdingbar. Bereits jetzt arbeite ich eng mit Kollegen aus dem Maschinenwesen zusammen, die im Themenfeld Additive Fertigung tätig sind. Auch eine Beteiligung bei dem Bauingenieurwesen und aus der Informatik ruft synergistische Effekte hervor. Derzeit baue ich zum Beispiel eine Zusammenarbeit mit Herrn Professor Günnemann aus der Informatik-Fakultät auf, um Methoden der Künstlichen Intelligenz für die Additive Fertigung zu etablieren. Zudem werden in der Handlungsagenda TUM.Additive umfassende Kompetenzen der Additiven Fertigung in Forschung und Lehre gebündelt.  

Reisswolf: Welche Forschungsthemen sind für die Zukunft geplant? 

Professorin Wudy: Zukünftig wollen wir uns neben den prozesstechnischen Fragestellungen noch mehr auf die Themen Qualitätssicherung und -kontrolle sowie Automatisierungslösungen in der Additiven Fertigung fokussieren. Leider stecken beide Bereiche derzeit im Kontext der laser- und strahlbasierten Additiven Fertigung in ihren Kinderschuhen. Die Nachverfolgbarkeit von Pulver ist ein großes Thema im Bereich der pulverbasierten Additiven Fertigung. Beim Laser-Sintern z.B. unterliegt das Pulver, welches das Werkstück umgibt, während der Bearbeitung aufgrund der Einwirkung hoher Temperaturen über einen langen Zeitraum diversen Alterungsvorgängen. Um möglichst nachhaltig zu produzieren, muss das gebrauchte Pulver deshalb für nachfolgende Bearbeitungsschleifen recycelt werden. In der Industrie wird dabei gebrauchtes und neues Pulver mit konstanten Auffrischraten gemischt. Dies führt dazu, dass die Pulverqualitäten und damit die Werkstückeigenschaften von einem Prozess zum anderen variieren. Zukünftig wird der Aufbau eines rückverfolgbaren Materialfluss, der die verwendeten Pulver den Komponenten und dem Bauprozesslayout zuordnet und durch den eine Empfehlung für die weitere Verwendbarkeit des Pulvers getroffen werden kann, eines unserer Ziele sein. Im Moment fokussieren wir uns jedoch auf die zuvor genannten Themen.

Reisswolf: Sie betrachten den Druck ganzheitlich – vom Material bis zur Qualitätssicherung. Wie tief steigen Sie dann in die einzelnen Themen ein? 

Professorin Wudy: Die Betrachtung und Analyse der gesamten Prozesskette in der Additiven Fertigung ist eine Vision der Professur für die nächsten Jahre. Dafür muss entsprechende Anlagen- und Analysetechnik aufgebaut werden, was meine Mitarbeiter und ich parallel zu unseren Forschungsthemen vorantreiben. Meiner Ansicht nach machen Verfahren der laserbasierten Additiven Fertigung die Analyse der gesamten Fertigungskette vom Pulver über die Prozesse bis hin zum Bauteil notwendig. Die jeweiligen Interaktionen sind so mannigfaltig, dass man sukzessive vorgehen muss, was wir mit der Fokussierung auf prozessseitige Themen derzeit umsetzen. Hier wollen wir tiefgehend verstehen, warum sich das Material im Laserstrahlschmelzen so verhält und wie wir die Prozessführung manipulieren können, um vollkommen neue Eigenschaften im Werkstoff einzustellen. Wird ein Laser in einem anderen Wellenlängenbereich verwendet oder werden neue Belichtungsstrategien angewandt, ändert sich die Strahl-Stoff-Interaktion, die wir unter anderem fundamental analysieren. Alle diese Themen verweben wir zu einem ganzheitlichen Prozessverständnis.  

Reisswolf: Was genau versteht man unter hybrider Additiven Fertigung? 

Professorin Wudy: Die Terminologie der hybriden Additiven Fertigung wird in verschiedenen Bereichen unterschiedlich verwendet. Teilweise ist damit die Kombination aus konventionellen Fertigungsverfahren mit der Additiven Fertigung gemeint. In unserem Fall erfolgt im Bereich der hybriden Additiven Fertigung die Kombination unterschiedlicher additiver Verfahren zur Herstellung von z. B. Multi-Material-Bauteilen. So bearbeiten wir beispielsweise im Rahmen des Teilprojektes in einem Sonderforschungsbereich die Kombination aus Pulver-Binder-Verfahren und dem Laser-Sintern. Eine UV-reaktives Harzsystem wird dabei mittels einer Düse in ein Pulver appliziert und ausgehärtet. Das daneben befindliche, thermoplastische Kunststoffpulver wird im Laser-Sintern aufgeschmolzen, sodass ein komplexes dreidimensionales Multimaterial-Bauteil entsteht.  

Reisswolf: Auf welche Lehrveranstaltungen dürfen sich die Studierenden freuen? 

Professorin Wudy: Die Studierenden dürfen sich ab dem Wintersemester auf zwei neue Vorlesungen im Themenfeld Additive Fertigung freuen. Im Bachelorstudium werde ich ein Bachelormodul zum Thema „Grundlagen der Additiven Fertigung“ anbieten. Das Masterstudium soll ab dem Wintersemester um die Vorlesung „Additive Manufacturing with Plastics“ erweitert werden. Wir freuen uns auf reges Interesse.  

Reisswolf: Additive Fertigung ist auch ein sehr anwendungsorientiertes Thema. Haben Sie schon eigene Geräte am Lehrstuhl? 

Professorin Wudy: Derzeit kann ich auf vorhandene Infrastruktur an der TUM im Bereich Additive Fertigung, z.B. vom iwb, zurückgreifen. Danke an dieser Stelle für die tolle Unterstützung im Maschinenwesen. Parallel beschaffen wir Anlagentechnik, die für unsere forschungsseitigen Bedürfnisse modifiziert wurde. Dadurch werden wir zukünftig fundamentale prozessseitige Fragestellung erforschen können und die Studierenden dürfen sich auf spannende Themenstellungen für Abschlussarbeiten freuen.  

Reisswolf: Wie können sich Studierende im Rahmen von Studienarbeiten einbringen? 

Professorin Wudy: Bereits jetzt haben wir spannende Themenstellung für Abschlussarbeiten im Bereich der laser-basierten Additiven Fertigung, die beispielsweise auf der Seite der Fachschaft Maschinenbau (www.fsmb.de/fsmb/service/basama-hiwi) zu finden sind. Wir würden uns zudem über eine rege Teilnahme an unseren Lehrveranstaltungen ab dem Wintersemester freuen.  

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