Ein erster Eindruck der IAA

Ein Besuch des Open Space der IAA

Die IAA spaltet Gemüter. Eine Woche lang zeigen Automobilhersteller ihre Visionen, oder – um es in den Worten der Kritiker auszudrücken – beweihräuchern sich mit einer Palette aus grün polierten Autos, während sie gleichzeitig für den Ausstoß Milliarden Tonnen von CO2 verantwortlich sind. Viele Demonstrationen wurden angekündigt, Zufahrtsautobahnen zur IAA blockiert und Banner aufgespannt. Die Message ist klar: Umweltschutz kann mit den Fahrzeugen, die jetzt auf den Straßen sind, nicht funktionieren. Doch die IAA sieht sich gewappnet und hat zwei Antworten auf die Kritik: Steckdosen und Basilikum.

Schlendert man über die öffentlich zugänglichen open spaces der IAA, fühlt man sich wie auf einer Kultur- und Naturinsel in der Innenstadt.

Mit dem Kunst-Projekt “Earthtime 1.26 Munich” von Janet Echelman soll die “existenzielle Verflechtung des Menschen mit der Natur” dargestellt werden. Und auch die Firmen haben den Ruf nach Nachhaltigkeit verstanden. Zumindest ihre Marketingabteilungen: Bei Mercedes tönt Vogelgezwitscher aus Lautsprechern und Gras wächst zwischen den Ausstellungsstücken. Porsche verteilt recyclebare Flaschen aus Biokunststoff. ZF macht Werbung mit einem Zeppelin, der über dem Open Space kreist. Und BMW verteilt Basilikumsamen für eine grüne Küche.

Und ach übrigens, da gibt es ja noch Fahrräder, die ja rein formell auch zu Mobilität gehören. Fast ein wenig unscheinbar, deplatziert und überflüssig wirken die E-Bikes zwischen den strombetriebenen SUVs. Als ob man damit die Verhältnisse auf deutschen Stadt-Straßen parodieren möchte.

Abgesehen davon: Fast ausschließlich Elektroautos in allen Formen und Farben sind in den open spaces zu sehen. Der Flugscham hat sich zum Benzin-Scham erweitert, kaum ein Autohersteller zeigt noch Verbrennungsmotoren. Mercedes stellt einen neuen Concept EQS Mercedes-Maybach vor – über 5,2 Meter ist das Auto lang. Der Weg von der Fahrertüre zum Kofferraum wird damit zu einer kleinen Wanderung. Direkt daneben der neue AMG. Das DLR hat die passende Leichtbauweise parat: Sandwich Strukturen aus Aluminium, der Kern: Kunststoff. Die Autos glänzen um die Wette, bei Porsche der neue 911 und 919.

Viel Grün und Glanz täuschen über die Tatsache hinweg, dass in Deutschland erst gute 1 % der Fahrzeuge elektrisch oder hybrid betrieben sind [1]. Doch die Hersteller haben den Ruf verstanden und setzen auf Sauberkeit. Mit dem Slogan „What the Future“ möchte Mercedes zeigen, dass man sich durchaus mit der nächsten Generation beschäftigt. Und ja, vielleicht ist die Elektromobilität ein nachhaltiges Zukunftskonzept. Aber die aktuelle Klimaforschung wie der kürzlich veröffentlichte IPCC zeigt, dass nicht mehr viel Zeit für das Wie und Was bleibt. Auf den open spaces der IAA möchten uns die Hersteller versichern, dass sie die Richtung verstanden haben. Wir fragen uns dennoch: Wann ist diese Zukunft?

Quelle: [1] Elektrofahrzeuge – Anteil am Pkw-Bestand in Deutschland 2021 | Statista

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Verkehrswende

Verkehrswende

Was tut sich in München? Ottobahn, ein Münchner Start-up, entwickelt ein gleichnamiges Transportsystem: Eine Hochbahn mit an Schienen hängenden Kabinen, die sich emissionsfrei, günstig, schnell und autonom oberhalb heutiger Straßen fortbewegen. Die Gondeln der...

ReparadTUM

ReparadTUM

Unabhängig, emissionsarm und günstig an die Uni kommen? Das geht am besten mit dem Fahrrad. Der einzige Nachteil bei der Wahl dieses Verkehrsmittels ist (neben den eventuell weiten Wegen in und um München) die häufig nötige Wartung und Reparatur und das fehlende...

Pilze

Pilze

und warum wir ohne sie vielleicht keine Sprache hätten Während Pilze für viele nur ein beliebter (oder unbeliebter) Bestandteil von Mahlzeiten sind, steckt hinter diesem Überbegriff ein breites Spektrum von Lebewesen, die sich nur schwer unter einem Begriff...

Newsletter!

3 x im Semester schicken wir euch ein Update über die neuesten Artikel und einen Ausblick auf die kommenden! Meldet euch für den Newsletter an, um keine Reisswolfausgabe zu verpassen!